Navigation auf uzh.ch

Suche

Center for Applied Biotechnology and Molecular Medicine

Mehr aus dem Meer: Makroalgen für eine gesunde und nachhaltige Ernährung

Versuchsaufbau

Bisher wurden 3 aufeinanderfolgende Studien an jeweils 48 Absetzferkeln durchgeführt (insgesamt 144 Tiere). Dabei wurden verschiedene Aufbereitungsformen von Kombualgen (Laminaria japonica) verglichen und die Effekte auf die tierische Leistung, Futteraufwand und Darmphysiologie untersucht.

Das Basisfutter in allen Versuchen entsprach den geltenden Empfehlungen zur Ferkelfütterung und bestand aus Körnermais, Gerste, Weizen, Sojaschrot, Magermilchpulver und Mineralfutter.

In Versuch 1 wurden verschiedene Trocknungsmethoden (Sonnenlicht, maschinell) in der Kombuproduktion verglichen. Eine Kontrollgruppe ohne Algen im Futter wurde mit zwei Gruppen verglichen, die entweder 2,5% sonnengetrocknete oder 2,5% maschinell getrocknete Algen erhielten. Hier wurde besonders auf Effekte auf die Gewichtszunahme und Futteraufwand geschaut.

In Versuch 2 wurde maschinell getrocknete Kombualge in verschiedenen Dosierungen (1,7%, 3,3%, 5%) mit einer Kontrollgruppe verglichen, die keine Algen im Futter hatte. Neben den Leistungsdaten, die auch im vorherigen Versuch zum Einsatz kamen, wurden hier zusätzlich die Effekte auf die Verdaulichkeit des Futters im Allgemeinen und die Verdaulichkeit von maschinell getrockneter Kombualge im Speziellen untersucht.

In Versuch 3 kam maschinell getrocknete Kombualge zum Einsatz, die entweder unbehandelt oder nach Einwirkung pulsierender elektrischer Hochspannung zu jeweils 5% ins Futter gemischt und mit einer Kontrolle ohne Kombu im Futter verglichen wurde. Neben allen Parametern aus den vorherigen Versuchen wurden zusätzlich Darmphysiologie, Darmarchitektur und Besiedelung des Darmkanals mit verschiedenen Bakterien untersucht.

Ergebnisse

Die Algen waren aufgrund ihres hohen Anteils an Nahrungsfasern eher schwer verdaulich. Dementsprechend reduzierte sich der Anteil an verdaulicher Futtermasse mit dem Einmischen von Kombu in die Gesamtration. Dennoch benötigten die Tiere mit Algen im Futter signifikant weniger verdauliches Futter, um dieselbe Wachstumsleistung zu erreichen wie die Kontrollgruppe mit dem leichter verdaulichen Futter. Das ist das Ergebnis, dass in allen drei Versuchen abgeleitet werden konnte. Die Frage war allerdings, wie das funktionell zustande kommt.

Im dritten und bisher letzten Versuch wurde daher sehr viel Aufwand betrieben, um tief in die Darmphysiologie und Zusammensetzung der bakteriellen Gemeinschaft im Darm hineinzuschauen. Dabei zeigte sich, dass die Algen Durchfallerreger wie Clostridium perfringens von der Darmwand verdrängen, indem sie nicht-pathogenen Erregern wie Milchsäurebakterien als Energiequelle dienen. Diese besetzten nicht nur freie Plätze an der Darmwand anstelle der Pathogene, sondern produzierten zudem kurzkettige Fettsäuren, die zu einer Ansäuerung des Darmmilieus führen, wodurch sich pathogene Keime nicht mehr so «wohl fühlen». In der Folge hat das Darmimmunsystem weniger zu tun, um die Erreger in Schach zu halten und das Tier spart sich Energie, wodurch sich der Einspareffekt im Futter erklärt.

Offene Fragen

Bisher wurde nur mit Absetzferkeln gearbeitet. Völlig offen ist noch, wie sich die Fütterung im weiteren Verlauf der Schweinezucht auswirkt. Zudem ist unklar, welche Effekte die Algen haben, wenn sie an Tiere gefüttert werden, die bereits an Durchfall erkrankt sind.

Alle bisherigen Arbeiten wurden mit Kombualgen aus chinesischer Produktion durchgeführt. Aber auch in Europa finden Versuche zur Produktion von Makroalgen vor Europäischen Küsten statt. In Zukunft soll daher auch getestet werden, welche Effekte Algen aus Europäischer Produktion auf die Darmgesundheit von Schweinen haben.

Haben Sie noch Fragen?

Sollten Sie weiterführende Fragen zum Projekt haben, können Sie gerne den Projektverantwortlichen, Dr. Daniel Brugger vom Institut für Tierernährung und Diätetik der Universität kontaktieren.

Weiterführende Informationen

Algen in der Ernährung

Algen gehören zu einer Gruppe aquatischer Pflanzen, zu denen mehr als 10'000 Spezies zählen. Diese werden in einzellige Mikroalgen und mehrzellige Makroalgen eingeteilt. Insbesondere die Makroalgen (Seetang) sind aus Sicht der Ernährung von besonderer Bedeutung, wobei Effekte auf die Darmgesundheit im Vordergrund stehen (Makkar et al., 2016).
Seetang ist bereits seit Jahrtausenden Teil der Ernährung von Menschen und Nutztieren, wie archäologische Ausgrabungen und frühe Schriftzeugnisse, z.B. aus Amerika und China, bezeugen (Aaronson, 1986,Turner, 2003,Dillehay et al., 2008,Evans and Critchley, 2014). Auch heute sind Makroalgen, insbesondere in Südostasien, ein fester Bestandteil der täglichen Ernährung.

Das Schwein als Modell für den Menschen

Schweine werden aufgrund ihrer anatomischen und physiologischen Ähnlichkeiten zum Menschen oft als Modellorganismus in der wissenschaftlichen Forschung verwendet. Besonders im Zusammenhang mit Fragen zur Ernährung bietet sich das Schwein an, da der Magen-Darm-Trakt und das Nahrungsspektrum von Mensch und Schwein sehr ähnlich sind. Ergebnisse aus solchen Studien kommen natürlich nicht nur dem Menschen zugute, sondern können auch die Haltungsbedingungen landwirtschaftlicher Nutztiere verbessern.

Nachhaltigkeit

Neben den positiven Aspekten von Makroalgen in Bezug auf die Ernährung von Mensch und Tier, ist ihr Wert innerhalb einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft hervorzuheben. So sind Algen effiziente CO2-Speicher und können ausserdem Nährstoffe wie Jod und Selen in relevanten Mengen aus dem Meerwasser binden, welche sonst über aufwändige Verfahren als Nebenprodukte des Bergbaus gewonnen werden müssen (Araújo et al., 2021).
Die Futterersparnis durch die Zufütterung von Algen könnte zudem die Getreideanbaufläche reduzieren. Gleichzeitig wird für die Algen selbst keine landwirtschaftliche Anbaufläche benötigt.